
„Ig ha nume grad e Bsuech gmacht,“ erzählt mir eine Dame unserer Gemeinde, die sich im Besuchsteam des Vereins für Altersbetreuung engagiert. Nume – nur, dieses Wort blieb mir hängen. Denn meiner Meinung nach ist gerade nichts „nur“ an einem Besuch, schon gar nicht, wenn man quasi von Amtes wegen jemanden aufsucht, den man sonst eigentlich nicht kennt. Hier ein paar Gedanken anhand des berndeutschen Wortes, was in und hinter einem Besuch so steckt:
B wie Beziehung
Besuch pflegt und festigt das Netz von Beziehungen, das uns und unsere Gesellschaft trägt. Eine Familienvisite, der Kaffeeklatsch bei Nachbars oder ein Wochenende unter Freunden oder Freundinnen: Begegnung und Austausch unter Bekannten oder Verwandten stärkt unsere Verbundenheit, so dass auch in Momenten der Krise darauf Verlass sein kann.
S wie Segen
Besuch zu einer besonderen Gelegenheit, wie zum Beispiel an einem runden Geburtstag oder um Beileid zu überbringen, beinhaltet meistens nicht nur Mitbringsel, die Augen und Gaumen erfreuen, sondern auch Worte und Wünsche, die der Seele guttun. „Herzliche Gratulation!“ „Alles Gute im neuen Lebensjahr!“, oder auch „Es tut mir aufrichtig leid!“ Segensworte zeigen auf, dass man die guten Momente unseres feiern soll und darf und dass man die schwierigen Momente ebenso teilen darf und soll.
U wie Ueberraschung
Besuch ist eine Wundertüte: man weiss nie genau, was einem erwartet! Manchmal findet man sich zu schönen harmonischen Stunden, manchmal wird das Treffen zu einer Herausforderung an Takt, Geduld und Diplomatie. Manchmal verabschiedet man sich mit dem Gedanken: „Wie schade, dass sie Gottseidank schon wieder gehen!“
E wie Engagement gegen Einsamkeit
Besuch bedeutet Abwechslung im Alltag für alle, die allzu viel Zeit alleine verbringen. Vereinsamung hat schwerwiegende, ja lebensbedrohliche, Konsequenzen für die seelische Gesundheit gerade von älteren und alleinstehenden Menschen.
CH wie Christlich
Besuch ist, theologisch gesprochen, ein Ausdruck der Nächstenliebe, zu der uns Christus einlädt und auffordert. Damit steht „z’Visite ga“ im Herz des christlichen Glaubens.
Seien Sie gesegnet bei Besuchen und überhaupt!
Henriette Cann-Guthauser