Zweifler willkommen!
Ostern ging an ihm völlig vorbei. Während die einen riefen: «Christus ist auferstanden …!», und die anderen bekannten: «… er ist wahrhaftig auferstanden!», blieb er stumm. Der Jünger Thomas war nicht bereit nachzuplappern, was andere glaubten und erlebt hatten. «Bevor ich so etwas Unglaubliches glauben werde, brauche ich selber eine Begegnung mit dem Auferstandenen. Ich werde nur glauben, wenn ich ihn selber sehe.» Damit konnte Thomas in der Kirchengeschichte keine Lorbeeren ernten. Fortan wurde ihm ein unschöner «Schlämperlig» angehängt: «Thomas der Zweifler».
Und dann sah ich ihn 2000 Jahre später, den Mann mit dem «Schlämperlig». Im Münster von Freiburg in Breisgau steht er prominent an vorderster Front. Vom Eingangsbereich bis zum Altar wurden im Mittelgang meterhoch die Jünger Jesu als sogenannte Säulenapostel platziert. Ganz zuvorderst steht Jesus. Und ihm gegenüber hat es nur Platz für einen Jünger. Und dort steht nicht etwa Simon Petrus als Sprecher der Jüngergruppe oder Johannes, der Lieblingsjünger von Jesus. Gegenüber von Jesus steht Thomas. Im linken Arm hält Thomas die geschlossene Bibel. Zaghaft streckt er den rechten Arm aus und möchte Jesus berühren.
Was die Baumeister des Freiburger Münsters sagen wollen, liegt auf der Hand: Bei Gott sind wir willkommen – mit unseren Zweifeln. (hk)