Humorvoll unterwegs

Bild: Christine Sieber

Nach nur fünf Minuten im Gottesdienst rutscht die kleine Anna neben ihrem Vater hin und her, es ist ihr langweilig. Wenig später flüstert sie ihm zu: «Können wir der Pfarrerin den Fünfliber nicht jetzt schon geben und danach wieder nach Hause?»

Humor hilft in vielen Lebenslagen; auch wissenschaftlich ist bewiesen, dass Lachen gesund ist. Doch Gott und Humor? Darf man das? Im Gottesdienst vom 25. April haben wir das Thema aufgenommen. Ich bin ganz klar der Meinung: Ja, man darf!

1. «always look at the bright side of life» – schau immer auf die helle Seite des Lebens (aus dem Film «life of Brian»).

2. Satire kommt schon in der Bibel vor, wenn in der Schöpfungsgeschichte von «Lampen» gesprochen wird, die Gott an den Himmel hängt. Denn in anderen Religionen wurden Sonne und Mond als Götter verehrt. Wenn Religion sich selbst allzu ernst nimmt, läuft sie Gefahr, in Fanatismus zu verfallen.

3. Die Vielfalt der Natur, der Schöpfung zeigt uns humorvoll, was alles möglich ist. Schauen Sie sich um! Welche wundervollen phantastischen Geschöpfe können Sie entdecken? Da ist Schmunzeln erlaubt.

4. Reframing – einen neuen Rahmen machen, einen neuen Standpunkt einnehmen hilft, eine schwierige Situation humorvoll zu deuten. So in der Geschichte von der Ausländerin und Jesus in Markus 7.

5. Jesus hatte im Umgang mit den Pharisäern eine spitze Zunge. Auch wenn die Bibel nicht explizit davon erzählt, dass Jesus gelacht hätte, kann man zwischen den Zeilen viele lustige Episoden herauslesen.

Fünf Merksätze fassen die Predigt zusammen, wer mehr lesen möchte, kann den ganzen Gottesdienst hier nachlesen. Viel Spass!

Christine Sieber

Sägel setze i d Osterfröid

Foto: Henriette Cann-Guthauser

Guete Gott,
mir dörfe üsi Sägel i d Osterfröid setze
und usefahre i nes befreits Läbe hie uf Ärde.
Mir dörfen üs fröie a Dine Zeiche und Wunder.
Mir dörfe juble über die nöii Wält,
wo sich uftuet a üsem Horizont.
Daderfür chöi mir Dir nid gnue danke.

Guete Gott,
mängisch schlabbere üsi Sägel aber i dr Flaute.
Mängisch droht üses Boot z kentere im Sturm.
Mängisch troue mir üs nid, der sicheri Hafe z verla.
Mängisch löh mir üs la verleite vo emene andere Lüüchtturm
weder Dim Wort.
Mängisch wette mir genau i die anderi Richtig losfahre
weder die, wo Du üs hesch zeigt. 
Vergib Du üs üses fählende Vertroue
und üses chlymüetige Wäse,
üsi verbländeti Sichtwys
und vernäbleti Hoffnig.

Guete Gott,
blas Du nöie Wind i üsi Sägel,
dass mir üs löh la leite vom Stärn vo Dire Liebi,
dass mir chöi Chraft schöpfe
us der Töifi vo Dire Gnad,
dass mir Di Botschaft vom Läbe in Fülli und Freiheit
mit früschem Geist chöi läbe und wytergä.

Amen

(Henriette Cann-Guthauser)

Mit ausgebreiteten Armen

 Foto: Franziska Benz

In der Karwoche erinnern wir uns an den Leidensweg von Jesus, an Ostern freuen wir uns darüber, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Jesus lebt in jeder liebevollen Handlung, die auf unserer Erde geschieht.

Er starb, wie er lebte,
er lebte, wie er starb:
mit ausgebreiteten Armen.

Lothar Zenetti hat diese Worte geschrieben. Im Leiden wie in der Freude brauchen wir die Umarmung. Obwohl die Zahlen im Moment noch hoch sind, besteht die Hoffnung, dass wir uns wieder umarmen dürfen.

Eva Steiner

Der Lebensfaden

Bildlegende: roja48 / pixelio.de

In meiner Agenda steht heute eine Notiz ohne Uhrzeit: «Keller aufräumen – alte Skier und Schuhe entsorgen.» Zu lange haben Estrich und Keller keinen aktiven Besen mehr gesehen. Frühlingsputz ist angesagt. Meister Proper soll es richten. Was werfe ich weg? Was brauche ich noch? Wovon trenne ich mich? Was behalte ich?

Zum Thema las ich die folgende Geschichte: «Eines schönen Morgens glitt vom hohen Baum am festen Faden die Spinne herab. Unten im Gebüsch baute sie ihr Netz, das sie im Laufe des Tages immer grossartiger entwickelte und mit dem sie reiche Beute fing. Als es Abend geworden war, lief sie ihr Netz noch einmal ab, um es auszubessern. Da entdeckte sie auch wieder den Faden nach oben, an dem sie heruntergestiegen war. Sie hatte ihn in ihrer betriebsamen Geschäftigkeit ganz vergessen. Da sie schlecht gelaunt war und auch nicht mehr wusste, wozu er diente, hielt sie ihn für überflüssig und biss ihn kurzerhand durch. Sofort fiel das Netz mit ihr in die Tiefe, wickelte sich um sie wie ein nasser Lappen und erstickte sie.»

Vermutlich will die Parabel weniger das Urteilsvermögen von Spinnen in Zweifel ziehen als jenes der Menschen. Als Menschen sind wir latent gefährdet, den Ast abzusägen auf dem wir sitzen und damit den einen Faden zu kappen, der uns am Leben erhält. Die Verbindung nach oben: zum Schöpfer, zur Schöpfung, zur Quelle des Lebens.

Ein 80-jähriger Senior dankte in seiner Geburtstagsrede dem Leben. Er zeigte eine Zinnkanne und öffnete den Deckel. «Ganz egal, was kommt», sagte er «dieser Deckel nach oben soll offenbleiben. Auch im Alter. Von dieser Verbindung leben wir.»

Heinz Käser

Boxkampf mit Gott

Bild: Iván Tamás, Pixabay

Kürzlich habe ich einen Artikel mit diesem Titel gelesen. Der Autor Georg Magirius, ein Theologe aus Deutschland meinte, er ertrage keine frommen Sprüche mehr in der Krise. Viel lieber seien ihm die Psalmen mit ihrer eindrücklich bildlichen Sprache: «Reiss mich aus dem Morast heraus, dass ich nicht versinke» «mein Hals ist heiser vom Rufen, befreie mich, Gott!» «Meine Augen sind matt geworden vom Warten auf DICH.»

Ich habe mich dabei ertappt, dass ich oft so fromme Sprüche klopfe wie: «sich an den kleinen Wundern des Alltags freuen.» Zum Beispiel jetzt die aufblühenden Frühlingsblumen. Ich meine es ernst, es ist nicht nur so dahergeredet, es hilft ganz viel, wenn es einem gelingt. Aber es gelingt nicht immer – und dann?

Gott darf man den ganzen Frust vor die Füsse schmeissen. Er erträgt es. Und uns erleichtert es. «Giess deinen Zorn über meine Feinde aus!»

Die allermeisten Psalmen tauchen nach ihren Hasstiraden gegen Feinde und nach ihren verzweifelten Rufen nach Gott, der abwesend scheint, wieder auf aus dem Schlamassel, sie finden zum Lob. Dieses wird möglich, weil sie vorher Dampf abgelassen haben. «Ich will deinen Namen loben, die Lebendige hört auf die Armen.»

Wenn wir also einen Boxkampf austragen wollen, dann mit Gott, nicht mit unseren Nächsten. Die Ewige wird uns erleichtern, so dass wir danach wieder aus ganzem Herzen loben können.

(Ausschnitte aus Psalm 69)

Christine Sieber

„Somewhere over the Rainbow“ oder: Ännet em Rägeboge

Letzte Woche hatte unsere Tochter Geburtstag. Wenn man fünf Jahre alt wird, bleibt am Geburtstag einen Moment die Welt stehen, wir Erwachsenen haben das nur vergessen! Wie dem auch sei, als Geschenk für dieses monumentale Ereignis wünschte sie sich ein Einhorn, mit der vermeintlich einfachen Erklärung, es könne ja dann bei uns im Schlossgarten leben…

Auf der etwas verzweifelten Suche, wie dieser Wunsch auch nur annähernd in Erfüllung gebracht werden könnte, ohne den Kirchgemeinderat zu verärgern, stolperte ich im Internet über eine ganze Fülle dieser Fabelwesen: auf T-Shirts, Trinkbechern, Turnsäckchen. Die hatten eins gemeinsam: sie waren allesamt weiss mit Regenbogenmähne, eins farbiger als das nächste, eins glitzeriger als das nächste!

Die Einhörner liess ich deshalb rasch zurück in ihrer virtuellen Heimat von Kommerz und Kitsch, aber eine Frage liess mich nicht mehr los:

Wie war das nochmals mit dem Regenbogen? In der Natur empfinden wir sie doch nie negativ, sondern begrüssen sie als ein Wunder des Himmels. Bei Fotografien, Gemälde und eben Einhörnern sieht das nach meinem Geschmack schon ganz anders aus… 

Da stiess ich auf ein Bild, das mich sehr passend dünkt für diese Zeit, die doch auch immer wieder schwer auf uns lastet. Es wurde vor ziemlich genau 200 Jahren gemalt von Joseph Mallord William Turner und befindet sich im Besitz der Tate Gallery in London.
Turner hat zeitlebens viele Regenbogen gemalt, einige davon sind auch sehr naturgetreu.

Dieser nicht!
Ein Himmel, grau-blau, ein Boden, grau-braun, darüber ein Bogen, grau-weiss.
Verwischt, blass, diffus und gleichzeitig unverkennbar.
Es fehlt die Farbe, es fehlt die Sonne, es fehlt das Licht, und trotzdem ist alles da.
Das Gemälde ist signiert, es ist also komplett.

Turners Regenbogen ist nicht naturgetreu, aber man könnte vielleicht sagen, er ist bibelgetreu! Im ersten Buch Mose findet man nämlich diese Worte Gottes zu Noah:
»Ich setze meinen Bogen in die Wolken.
Er soll das Zeichen sein
für den Bund zwischen mir und der Erde.
Wenn ich Wolken über der Erde aufziehen lasse,
erscheint der Bogen am Himmel.
Dann denke ich an meinen Bund mit euch
und mit allen Lebewesen.
Nie wieder soll das Wasser zur Sintflut werden,
um alles Leben zu vernichten.« (1. Mose 9, 13-15)

Gott verspricht Noah und uns allen also gerade nicht, als Zeichen des Bundes und der Treue eine Farbenpracht strahlen zu lassen, sondern nur, ab und zu einen Bogen in die Wolken zu setzen. 

Mich dünkt, dieses biblische Bild und das Gemälde, das vielleicht davon inspiriert wurde, ist voller Trost und Zuversicht für uns in diesem langen Winter. Die ausgegrauten Farben verwischen nicht die Eintönigkeit unserer Einsamkeit, die diffusen Konturen nehmen ernst das Fehlen von Freude und Kontakten.

Und trotzdem: da steht ganz eindeutig ein Regenbogen und damit das Versprechen Gottes, dass die Sonne wieder scheinen wird, dass die Unbeschwertheit wieder einziehen werden darf, dass Gott selbst uns nicht fallen lässt, sondern ins Licht führt. Vielleicht ist dieses Zeichen nur schlecht zu sehen, vielleicht blitzt es nur ab und zu auf am Horizont, doch es weist sonnenklar auf die Verheissung dahinter:

Gott ist bei uns,
jenseits von Kitsch und Kommerz,
jenseits aller Regenbogen.
Gott lässt uns nicht im Stich
und schon gar nicht im Regen stehen!
Amen

Henriette Cann-Guthauser

Bildlegende:
Joseph Mallord William Turner, The Rainbow (c. 1820)  (c) Tate Gallery London Image released under CC-BY-NC-ND 3.0 (Unported):
https://www.tate.org.uk/art/artworks/turner-the-rainbow-d17182

Danke!

Patchwork: Margrit Schlegel, Foto: Eva Steiner

Gerne möchte ich mich einmal bedan­ken für die vielen positiven Rückmel­dun­gen, die wir auf unsere Angebote erhalten. Es tut gut, zu hören, dass sie euch gefallen. Ausserdem danke ich auch vielmals, dass ihr euch so eifrig beteiligt. Wir haben bisher schon 135 Broschüren des Winterwettbewerbs gedruckt und für das Bild des Frauentreffs 60+ habe ich gegen 20 wunderschöne Quadrate erhalten. So sind wir auch in dieser Zeit gemeinsam unterwegs!    

Eva Steiner

Vorgeschmack

Es ist eingetreten, was wir über Monate zu verhindern suchten: Wir sind als Familie über die Festtage an Covid-19 erkrankt. Die grippalen Verläufe waren anstrengend, aber Schlimmeres ist Gott sei Dank nicht eingetreten.

Schön war’s, nach Krankheit und Isolation gesund mit der Arbeit zu beginnen. Noch schöner: Mitte Januar konnten wir uns zu einer kleinen Feier treffen. Fünf Leute, die die Krankheit kürzlich überstanden haben. Fühlte sich gut an: ein unbeschwertes Zusammensein mit dankbaren Begegnungen als Vorgeschmack für bessere Zeiten.

«Wir werden sein wie die Träumenden …», so blickt der Psalmist in schwieriger Zeit in die Zukunft. Auch wir werden sein wie die Träumenden, wenn dieser «Albtraum Covid-19» endlich überwunden sein wird. «Überwunden sein wird …», die deutsche Zeitform der vollendeten Zukunft wird als «Futur II» bezeichnet. Hoffen und träumen dürfen wir jetzt schon – im Präsens. Schön, wenn uns da oder dort ein Vorgeschmack erreicht.

Heinz Käser

Der Blick auf die anderen

Haben Sie sich schon mal selbst gegoogelt? Im Zeitalter von Social Media ist der Blick auf die andern einfach: ein Klick, eine Eingabe in der Suchmaschine, und meistens erhalten wir viele Informationen zu der gesuchten Person. Oft beurteilen wir diese Person dann aufgrund ihrer Posts. Jesus stellt in der Bergpredigt etwas ins Zentrum, das heute veraltet klingt: «Seid barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist» (Lukas 6,36). Das ist die Jahreslosung fürs 2021. «Barmherzigkeit» ist ein altes Wort, es wird fast nur noch in den Kirchen benutzt. Eine modernere Umschreibung könnte sein: Mitgefühl. Es ist eine gute Übung, die Mitmenschen nicht beurteilend anzusehen, sondern barmherzig. Man lernt sie ganz anders kennen.

1.1.2021 / cs

Adventsalphabet

Foto: Henriette Cann-Guthauser

Chumm Du, guete Gott,
chumm Du a Arbeitsplatz und i d Asylunterkunft,
i d Behinderetewärchstatt und i ds Bundesratszimmer,
a ds Chrankebett und a Chuchitisch,
i d Disco und a d Diskussionsrundi
zum Ehrenamt und a ds freiwillige Engagement,
zu der Füürwehr und uf e Friedhof.

Chumm Du, guete Gott,
chumm Du i ds Gastgwärb und zum Gipfelträffe, 
i Hobbyruum und i d Heilpraxis
uf d Intensivstation und i ds Integrationsprojekt,
i d Jugendarbeit und i ds Junioretraining,
zur Kurzarbeit und i d Kulturszene, 
a Ladetisch und i ds Labor,
uf e Märitstand und i ds Probelokal vo dr Musig.

Chumm Du, guete Gott,
chumm Du zur Obdachlosenotschlafstell und zum Oratorienchor,
i d Patchworkfamilie und i ds Pflegeheim,
zu dene i Quarantäne u Mönsche mit queerer Identität,
a d Risikoabwägig und i ds Radiostudio,
zum Skilift und i ds Schuelzimmer.

Chumm Du, guete Gott,
chumm Du a Therapieplatz und uf ds Tourismusbüro, 
a d Universität und a d Unfallstell, 
zu der Vorfröid und i Verchehr,
a Wiehnachtsbazar und i d Wärchstatt,
i d Xundheitsbbrüef und äXtra Schichte,
zum Yogakurs und i d Ysatzzentrale,
i ds Zugabteil und Zytigsredaktione.

Chumm Du, guete Gott,
chumm Du zu üs und zu allne,
wo mitenand und mit Dir wei zäme si.

Amen

(HCG)